Rede der Abiturienten I

Sehr geehrte Lehrer, Eltern, Verwandte, Politiker und Mitarbeiter,

sehr geehrte Frau Obst,

liebe Schüler,

 

wir freuen uns, Sie alle bei unserer Entlassungsfeier des Abiturs 2016 am EGN begrüßen zu dürfen. „Entlassung“, dieses Wort steht sogar in unserem Abimotto: „Abicrombie und Futsch – die erste Markenware verlässt das Haus“. Unter diesem Slogan haben wir unsere Pullover und die Abizeitschrift designt, diesen Spruch haben wir als Überschrift für unseren Abgang gewählt. Was heißt das nun? Abgewandelt aus dem Modemarkennamen „Abercrombie and Fitsch“ haben wir unsere ganz besondere Monopolstellung zum Ausdruck gebracht: Wir sind der erste Abiturjahrgang, der unser Ev. Gymnasium verlässt, und damit die Markenware, die Special Collection 2016. „Futsch“, das ist wirklich eine gute Zusammenfassung unserer Situation. In diesem Jahr ist vieles beendet worden. Wir sind jetzt entlassen von der Schulpflicht. Klingt fast, als wären wir nach einer langen Strafe endlich auf Freigang.

Wir sind entlassen von den Fächern, die wir schon seit der ersten Klasse gehasst haben aber trotzdem lernen mussten (Leute, nie wieder binomische Formeln!!!). Entlassen von klassischen Gruppenarbeiten, bestehend aus sechs Personen (zwei quatschen vom letzten Wochenende, einer behält die Zeit im Auge, einer arbeitet und einer schreibt auf die Folie, weil er hofft, dann nicht vortragen zu müssen).

Wir sind entlassen von den ganzen „Ich hab die Idee meines Lebens, lass mal Lebensmittel durch den Klassenraum werfen!“

und dem „ihr esst schön draußen euer Frühstück, es scheint die Sonne und wir haben angenehme 3 Grad plus!“

und den „Hi, na, ach, ich drängel mich gar nicht vor, ich steh nur hier bei meinen Freunden!“

und nicht zuletzt auch den „Schlagt eure Abiboxen auf, ihr bearbeitet auf S. 120 – Überraschung – eine Tabelle!“

Entlassung, das hat aber auch seine wehmütigen Seiten. Wir sind entlassen von dem täglichen Miteinander. Mitschüler, Lehrer, Sekretariat, die vertrauten Räume, wir möchten an all das Danke sagen. Danke für die zahlreichen reingerufenen Witze, die uns alle in der öden Lernphase zum Lachen gebracht haben. Ein riesiges, und ich meine riesiges Dankeschön an unsere Lehrer, dafür, dass sie nicht einfach nur ihren Job machten, sondern für uns da waren, uns in privaten und schulischen Problemen und Projekten unterstützen, dafür, dass Sie sich bald mehr Stress um unser Abitur gemacht haben als wir, danke für die Zettelflut und die schmierigen Tafelbilder, für Alhorn, den Kirchentag, das Schnupperstudium, die Sommerserenaden und das Sonnensegel, die zahlreichen Konzerte, AGs, Lernkonzepte und Praktika – aber erwarten Sie nicht, dass wir uns für die Putztage bedanken! Danke übrigens auch an den Hausmeister und die Reinigungskräfte, die haben echt einen verdammt guten Job gemacht.

 

Danke auch an die Frauen vom Sekretariat, die immer unser erster Anlaufpunkt für Organisatorisches waren. Herr Schröer, danke für den Willen, uns zu helfen, aber Butter bei die Fische, bevor sie kamen, hat unser Mitschüler Sebastian das bereits geregelt gehabt. Und auch ein ganz persönliches Dankeschön an Everina Brink – Frau Brink, Sie wissen, wofür. Wir möchten uns bei jedem einzelnen bedanken, der ein Zahnrad in unserer EGN-Uhrwerk bildete, auch wenn wir nicht jeden einzelnen benennen können. Zuletzt ein besonderes Dankeschön an die eine Person, die der Kopf unserer Schule ist. Die Mutter unserer EGN-Familie, Frau Obst, bitte kommen Sie doch auf unsere Bühne.

Frau Obst, all diese Sachen, die wir gerade aufgezählt haben, wären niemals möglich gewesen ohne Sie. Sie haben uns mit frischen Ideen und Herz begleitet. Wenn Sie nicht wären, hätten wir immer noch eine Schulklingel, und ich meine, das wäre ja sowas von 2014 gewesen. Kurz und schmerzlos, vielen Dank dafür, dass sie uns mit Herz durch Abi gebracht haben, wir werden Ihnen das garantiert niemals vergessen. Bitte einen herzlichen Applaus mit Pauken und Trompeten für Frau Obst!

Zum Schluss möchten wir noch ein Wort persönlich an unsere Mitschüler richten. Ganz ehrlich, wir wollen euch kein Standardgerede erzählen, von wegen „findet euren Weg“, „lebt euren Traum“ oder „wir sind eine untrennbare Gemeinschaft“. Die Wahrheit ist: Es gab Höhen und Tiefen, nicht jeder harmonierte mit jedem, und die Entlassung ist ein Schlussstrich, an dem sich viele Wege trennen werden. Und doch ist da etwas, das uns vereint. Wir stehen an einem Punkt, der einer der wichtigsten unseres Lebens sein wird. 2016 ist das Jahr für uns. Mit unserem Abitur stehen uns nun alle Möglichkeiten offen. Nun sind da vor uns so viele Türen, dass wir versucht sind, vor Überforderung durch keine zu gehen. Die allerwenigsten haben einen Plan, der länger reicht als ein paar Monate. Und von überall wird uns Druck gemacht. Eltern, Lehrer, Verwandte, Nachbarn wollen uns gut gemeinte Ratschläge geben, das zu machen, was sie gern tun würden. Aber wir leben nicht mehr im Jahre 19hundertefzig. Unser Leben ist anders als das der Menschen, die uns zu beraten versuchen. Heute kommt es nicht darauf an, das Ziel zu wählen, den Weg für den Rest unseres Lebens. Heute ist es wichtig, so viel wie möglich auszuprobieren. Entdeckt euch, geht da raus und macht Fehler!

Uns wird immer gesagt, wir würden noch gar nichts von der Welt wissen und jetzt beginne erst das Leben. Ja, wir wissen noch nicht, wie man Steuererklärungen schreibt, was eine Mietkautionsversicherung alles leisten kann oder wie man etwas warm macht, ohne die Mikrowelle zu benutzen.

Ja, wir müssen noch lernen, über den Fertigpizzarand hinauszublicken. Aber verdammt, wir erlauben uns zu sagen: Seit bald zwei Jahrzehnten leben wir inzwischen, haben Erfahrungen gemacht, Schmerz durchlitten und Verbindungen zwischen Synapsen hergestellt (Biounterricht lässt grüßen!), und diese zwei Jahrzehnte kann uns keiner absprechen oder herunterspielen. Wir alle haben verschiedene Ziele im Leben, und doch sind unsere Wege ganz ähnlich.

Weil wir eine christliche Schule sind, enden wir natürlich einem nützlichen Bibelvers, den wir euch mitgeben wollen. Wie sagte Jesus gleich? Fürchtet euch nicht! Matthäus 28,10 – zu irgendwas muss der ReliLK ja gut gewesen sein! Habt keine Angst davor, gemäß unseres Mottos „futsch“ zu gehen. Wir werden uns nur finden, wenn wir Mut dazu haben uns zu verlieren.

 

(Verfasst von Annalena Zak und Mikail Satar)