Rede der Abiturienten II

Abiturrede der Schüler II

Bevor wir hier mit irgendwelchen Begrüßungen oder ähnlichem anfangen müssen wir mal etwas sagen. Alle Tests, Hausarbeiten, Klausuren und Facharbeiten waren wohl leichter zu verfassen als diese Abschlussrede.

Als Tipp hat man uns nur auf den Weg gegeben: Nehmt euch ein bestimmtes Thema, eine Geschichte, einen Rahmen halt, der Rest schreibt und erzählt sich dann von alleine.

Recht hatte man damit wahrscheinlich, aber niemand hatte bedacht, wie schwer es ist einen solchen Rahmen zu finden. Welche Geschichte hätten wir aus unserer Schulzeit denn am besten wählen können?

Wollen wir sie vielleicht ernsthaft gestalten? Daran erinnern, dass unser Leben nun erneut eine 360 Grad Wendung nehmen wird und sollen wir dafür etwa einen Vergleich aus der Berufs- und Arbeitswelt anbringen.

Theoretisch könnten wir hier oben auch voll auf die Tränendrüse drücken und berichten, dass unser Herz durch die bevorstehende Trennung in unzählige Teile zu zerspringen droht, so wie damals die Spiegel beim Fußball spielen innerhalb der Klassenräume. Allerdings war uns das Styling dafür deutlich zu teuer.

Sollten wir das Ganze hier ein wenig humorvoll und aufgelockert gestalten? Wir hätten schließlich Parallelen zwischen den unterschiedlichen Schülern und den unterschiedlichen Seminarfahrten ziehen können.

Einige stramme 4 Stunden auf einem Autobahnrastplatz, andere einen absolut strammen Zeitplan und die wieder anderen einfach nur stramm.

Zugegeben - das war ein gar nicht so schlechter Einfall. Gemeinsame Ausflüge bedeuten schließlich auch gemeinsame Erinnerungen, sofern diese noch vorhanden sind.

Auf den letzten Einfall, der mehr aus Sarkasmus als aus intensivem Nachdenken entsprungen ist könnten wir tatsächlich etwas gestalten.

So begannen wir die verschiedensten Geschichten aus den drei Seminarfächern zusammenzutragen und haben dabei unglaublich viel gelacht, bis uns eins ins Auge fiel: Jeder konnte nur über die Geschichten aus dem Seminarfach lachen, an dem er auch teilgenommen hatte.

Wenn das für uns schon nicht mehr gut genug war, wie solltet ihr das dann erst begreifen?

Und wir ärgerten uns so fürchterlich, grade hatten wir etwas so hoffnungsbringendes gefunden, da verglühte der Funke in unserem Auge schneller als die Zigarette eines Lehrers, den man grade beim Rauchen erwischt hatte.

Das Gefühl, dass wir diese Rede wohl aufgeben müssten, machte sich in unseren Köpfen breit. Verzweifelt begannen wir uns darüber auszulassen, dass es doch nicht möglich sei, dass wir keine gemeinsame und amüsante Geschichte vorzuweisen hatten. In 2 Jahren müsste es doch irgendwas gegeben haben, dass als Thema dieser Rede dienen könnte.

Enttäuschung und Verzweiflung mischten in unseren Köpfen einen fiesen Cocktail zusammen, der sich in Anschuldigungen an die Stufe und die Schule generell auslud.

Wenn zwei Jahre aber auch schon so bescheuert anfangen, wie unsere bei der Oberstufenfahrt nach Bückeberg, dann kann da auch nichts Gutes bei raus gekommen.

Dieses eigentlich eher unfreundlich gemeinte Zitat löste in uns beiden die gleiche Reaktion aus, als wir uns begeistert gegenseitig anschauten konnten wir die bildlich beschriebene Glühbirne schon über unseren Köpfen aufleuchten sehen.

Wieso ist uns das denn nicht schon grade eingefallen! Wir wollten unbedingt über die gemeinsame Reise sprechen und da ist sie doch.

Ganz nebenbei gesagt lässt sich an diesem Beispiel gut erkennen, dass uns mit einem solch brillantem Erinnerungsvermögen was die letzten zwei Jahre betrifft das Abi fast in den Schoß gefallen ist.

Egal, Abi ist ja geschafft, jetzt müssen wir nur noch diese Rede hinter uns bringen. Und das steht uns jetzt auch kurz bevor, denn der entscheidende Punkt, der Rahmen, war jetzt geschafft.

 

Also dann fangen wir nochmal an.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Abiturienten und Abiturientinnen, liebe Lehrkräfte, einfach gesagt, liebe Gäste

Unsere Zeit in der Oberstufe am Evangelischen Gymnasium Nordhorn lässt sich nur schwer in Worte fassen. Nicht nur, weil es ganze 2 Jahre waren, von denen wir hier sprechen. Nein, es waren 2 emotionale, gestresste und doch schöne Jahre, die wir miteinander verbracht haben.

Es fing eigentlich richtig damit an, dass wir als neu geformte Oberstufe unsere erste gemeinsame Fahrt antraten. Auf Nachfrage beim Jahrgang, der damals noch über uns war, schlug uns eher geringe Begeisterung bezüglich dieser Reise entgegen, doch trotzdem traten wir sie an, wir mussten ja.

Knapp 60 neue Eliteschüler wurden in einen Bus gesetzt und an einen Ort geschickt, den niemand von uns je wieder finden würde, nicht einmal auf einer Karte.

Die Zimmer waren schon vorher und freiwillig aufgeteilt worden. Ist ja auch logisch, dass beim Formen einer neuen Gemeinschaft in der Stufe sich alle die Zimmer mit Leuten aus ihrer ehemaligen Klasse teilen.

Daraus resultierend war der häufigste Treffpunkt für uns alle vorerst der Speisesaal, der sich von Mahlzeit zu Mahlzeit allerdings auch irgendwie zu leeren schien.

Langsam tasteten wir uns an andere Gruppen heran, zuerst noch die aus der alten Klasse, dann über einzelne Person auch ein paar mehr und ehe man sich‘s versah saßen knapp 60 Leute in einem Zimmer mit 6 Betten. Dieser Raum war so unglaublich überfüllt… die, die zu spät kamen stellten sich zum gemeinsamen Gespräch vor das geöffnete Fenster.

Es schien uns so leicht uns zu einer Gruppe zu bilden, dass wir die richtigen Maßnahmen mit eher mangelnder Begeisterung angingen.

Lag vielleicht aber auch daran, dass ein Niedrigseilgarten mit Netzen, die ganze 50cm über dem Boden hingen, bei Oberstufenschülern eher auf weniger Begeisterung und Abenteuerlust stößt.

Wie auch immer, da eben benanntes Zimmer nun die Mensa als allgemeinen Treffpunkt abgelöst hatte, war das Erscheinen zum Abendessen wohl mehr provisorisch, bevor wir uns dann 60 Pizzen liefern ließen. Nach einem zwanzigminütigem Telefonat und mindestens genauso vielen Wiederholungen, dass wir wirklich so viel Essen haben wollen und dies kein Telefonstreich sei, warten wir alle zusammen ganz geduldig auf unser Essen und widmeten uns währenddessen des Geldeinsammelns.

Diese Angelegenheit war unglaublich kompliziert, wer sollte nur die ganze Zeit 4,50 Euro wechseln? Mit der Zeit wurden wir so verwirrt, dass es eigentlich an ein Wunder grenzte, dass Mike Krüger nicht aus irgendeinem Gebüsch sprang und für uns „Sie müssen nur den Nippel durch die Laschen ziehen...“ zu singen begann.

Nach weiteren 30 Minuten und vielem hungrigen Gezicke war aber auch diese Angelegenheit geregelt, als allen baldigen Abiturienten in den Sinn kam, dass man auch jeweils 50ct Trinkgeld geben könnte.

Die Zeit bis die Pizzen kamen schien immer langsamer zu vergehen, einige grübelten schon, ob man wirklich hier in der Umgebung oder doch bei Ala Turka bestellt hatte.

Als der vollkommen überforderte Lieferant dann endlich bei uns eintraf strahlten ihm nicht nur eine Unmenge an Halbwüchsigen entgegen, sondern auch mindestens 95% seines Jahresumsatzes.

Mit gefüllten Mägen ließen wir den letzten Abend ausklingen, was gibt es besseres als Pizza im Magen und Gedanken an die morgige Heimfahrt im Kopf?

O ja, damals waren wir alle wohl eher weniger begeistert von diesem Ausflug, doch wenn ich heute darauf zurück blicke, dann fast es eigentlich unsere gesamte Oberstufenzeit zusammen.

Jetzt mögt ihr das noch anders sehen, aber wartet ab, wir wollen es euch erklären.

Es ist nun einmal so, dass ein geringer Prozentsatz von uns motiviert und voller Begeisterung diese Reise angetreten ist, so wie auch nur wenige von uns ähnliche Emotionen gegenüber den bevorstehenden zwei Jahren bis hin zum Abitur zeigten.

Wie dort in dem schon vorher beschriebenen Niedrigseilgarten waren es wir selbst, die das Grundgerüst für die bevorstehende Aufgabe selber erbaut hatten. Ja, man könnte fast sagen, wir spannten die Seile des Wissens von Jahrgangsbaum zu Jahrgangsbaum.

Einige von uns nur höher als die anderen. Kurz bevor es dann richtig los ging schien es noch einfach diese Aufgabe zu meistern, doch kaum standen wir mitten drin, da erwischte den ein oder anderen die Höhenangst, früher oder später auch welche, für die es eigentlich keine Herausforderung hätte sein sollen.

Und wie das im Niedrigseilgarten, beim Abitur und bei so ziemlich allen anderen Aufgaben im Leben so ist: Die, die es nicht als Herausforderung ansehen und dem nicht mit dem nötigen Respekt oder wenigstens ein bisschen Ernst entgegen traten haben sich auf die Fresse gelegt.

Oh ja, einige landeten eine Etage unter uns auf dem Dreck, oder wie wir an der Schule sagen würde, dem elften Jahrgang.

Auch wenn einige nach der Zeit eigentlich sichere Schritte setzten, ein kleiner Wackler war hin und wieder bei jedem dabei.

Schließlich läuft ja nicht alles immer wie es vorher geplant wurde. Man schreibt seine Klausuren, Tests, oder verfasst seine Facharbeit, will sich endlich entspannt zurück lehnen, bis die nächste anstrengende Phase beginnt, doch ehe man sich versieht bekommt man seine Ergebnisse und hat nicht nur die Klausur, sondern auch vor Schock sich selber in den Sand gesetzt.

Für dieses Ereignis gibt es wohl kaum einen besseren Vergleich als den einer unbenannten Schülerin aus diesem Jahrgang, die sich nach der nervenaufreibenden Fahrt nach Bückeberg erst mal auf den nächstgelegenen Stein setzen wollte. Auch sie lehnte entspannt zurück und ehe sie sich versah bemerkte sie, dass dieser als Teil eines Brunnens fungierte.

Doch über solche Ereignisse und verhauene Klausuren müssen wir uns vorerst keine Gedanken mehr machen, unser Abitur haben wir nun in trocknen Tücher, so wie die besagte Schülerin ihr Hinterteil.

Das wir soweit gekommen sind verdanken wir natürlich nicht nur unserer allumfassenden Intelligenz, sondern zum großen Teil auch unseren Lehrkräften. Sie standen uns von Beginn bis Ende bei, unerheblich ob nun der Ausflug oder unsere Schulzeit war. Mit viel Humor, Geduld und Ehrgeiz waren sie Tag für Tag bemüht uns beim Lösen der Aufgaben zu helfen, die sie gestellt haben.

Auch wenn es nicht so klingt, an dieser Stelle wollen wir einen ernsthaften Dank aussprechen.

Dieser gebührt allerdings nicht nur ihnen, sondern auch unseren Eltern. Ohne ihre emotionale oder auch teils finanzielle Unterstützung hätten wir vermutlich nie auf diese „Reise“ gehen können.

Und unsererseits gilt der größte Dank doch unseren Mitreisenden. Ohne euch alle wäre dieser Weg sehr lang und deutlich schwerer zu ertragen gewesen. Selbstverständlich gab es Unstimmigkeiten und auch Streit, doch auch das gehört dazu. Also Danke, dass ihr den Schulalltag so erträglich und manchmal sogar erfreulich gemacht habt.

Was bleibt uns jetzt am Ende, auf viele Sachen zurück blickend zu sagen?

Auch wenn man mit großem Unmut oder Zweifeln vor einer Sache steht, heißt es nicht, dass diese schlecht wird. Manche Reisen muss man einfach antreten, um zu erkennen, dass sie ein wichtiger Teil des Lebens sind und bleiben werden. Und selbst wenn diese nach hinten losgegangen wäre, sind um uns herum immer Arme gewesen, die unseren Rückfall gefangen hätten.

Solange wir alle, damit meine ich Mitschüler, Lehrkräfte, Familie und Freunde, hier zusammenstehen, kann alles irgendwie gut werden. Wenn hin und wieder alles zu einem Einheitsbrei verschwimmt, so muss man einfach mal mehr investieren und sich eine Pizza bestellen.

Was wir auf jeden Fall nie vergessen sollten: Auch wenn man sich isoliert und alleine fühlt. Manchmal reicht es schon sein Zimmer zu verlassen und an die nächste Tür zu klopfen. Aus Erfahrung kann ich sagen, es gibt jemanden, der sie für euch öffnen wird.

 

(Verfasst von Joelle da Mota und Laura Scheibe)