Familie Salomonson, Bahnhofstraße 20/16, heute HSG-Geschäftsstelle

09. November 2020

Der folgende Beitrag wurde am Evangelischen Gymnasium Nordhorn anlässlich des Gedenkens im Jahr 2020 an den 09.11.1938 in Nordhorn erstellt. Es handelt sich um Teil 1 von 6. Jeder Beitrag steht für sich, aber alle Beiträge ergeben ein Ganzes.

 

Friedrich Salomonson hatte durch die Ehe mit seiner Frau Esther die Villa der beiden Brüder Josef und Isaak Goldsmit und eine Lagerhalle geerbt und betrieb an der Bahnhofstraße ein Betten- und Textilgeschäft. Aufgrund guter Beziehungen konnte er Restbestände der bekannten Nordhorner Textilfirma „Niehues & Dütting“ aufkaufen und mit Gewinn wiederverkaufen.

Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann und gehörte dem damaligen Großbürgertum an. Ein gutes Leben in Wohlstand und Frieden wäre ihm und seiner Familie möglich gewesen, hätte es die Nationalsozialisten nicht gegeben.

Seine Villa wurde am 10.November 1938 kurz und klein geschlagen, was ebenso für seine Geschäftsräume galt. Die Waren wurden beschlagnahmt, wir würden in diesem Kontext heute von Raub sprechen. Mitglieder der NSDAP – Nordhorner - holten sich davon ihren Anteil. Der Nordhorner Antisemitismus wurde hier sehr deutlich sichtbar.

Die Kinder von Friedrich und Esther Salomonson, Lion und Hanni, wurden zu deren Schutz direkt nach Almelo gebracht. Ab dem 08. Juni 1938 lebte die Familie in Hardenberg in den Niederlanden, knapp 40 Minuten von Nordhorn mit dem Auto entfernt.

Wahrscheinlich war ihnen bewusst, dass das nicht weit genug entfernt vom Einfluss des Deutschen Reiches war. Die Familie hoffte, in die USA emigrieren zu können, wie wir aus dem Bericht eines damaligen Beamten wissen.

Durch die deutsche Besetzung der Niederlande konnten die Familie ihre Pläne nicht mehr in die Tat umsetzen. Die ganze Familie wurde 1943 im Vernichtungslager Sobibor ermordet, die Kinder waren gerade mal 13 und 11 Jahre alt.

Seit 2006 erinnern vier Stolpersteine in der Bahnhofstraße 20 an die Familie. Wir wollen nicht vergessen, wozu Hass auf andere führen kann, wozu Antisemitismus – hier bei uns in Nordhorn – geführt hat. Wir wollen dem Hass Vernunft, Mitgefühl und die Achtung menschlichen Lebens entgegensetzen.

Was muss sich Lion im Alter von 12 oder 13 Jahren gedacht haben?

Warum hasst man uns? Was ist so anders an uns? - Wie sollte dieser Junge überhaupt noch fröhlich sein?

Was haben sich Lion und Hanni wohl gewünscht?

Wahrscheinlich wollten sie akzeptiert werden, dazugehören dürfen, ohne Ausgrenzung. Gleichberechtigt sein. Ganz normal im Sportverein dabei sein und an Freizeitangeboten teilnehmen dürfen. Ein Leben ohne Einschüchterung, ohne Beleidigungen, ohne Bedrohung, ohne Verfolgung.

 

Schulfoto: Jahrgang 1930, Lion Salomonson, unterste Reihe, 8. von links (Hemd mit kurzen Ärmeln)

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