7. Demokratie einüben

Das Verhältnis von Christengemeinde und Bürgergemeinde spielt auch im Verhältnis des EGN zur demokratischen Verfassung des Gemeinwesens eine dezidierte Rolle. Die These Barths aus dem Jahr 1946, dass Deutschland „die Elemente von Recht, Freiheit, Verantwortlichkeit, Gleichheit etc., die Elemente der Demokratie von Grund aus zu erlernen hat“ [1], ist noch lange nicht erledigt, sondern muss in jeder Generation neu zur Geltung gebracht werden. Dabei bildet einerseits die Schule selbst das zentrale Lernfeld für Demokratie, also ein politisches Gemeinwesen, in dem man „im kleinen die Versprechungen und Schwierigkeiten der großen res publica erfährt, sich und seine Ideen erprobt und die wichtigsten Tätigkeiten übt: ein Problem oder Interesse definieren und es öffentlich verhandeln, andere Menschen überzeugen und sich von ihnen überzeugen lassen, Entscheidungen treffen und austragen, Konflikte nicht scheuen, aber auch beenden können, Vereinbarungen treffen, Zuständigkeiten bestimmen und dergleichen mehr.“[2] Andererseits nimmt die Schule an der demokratischen Verfassung des Gemeinwesens teil, kooperiert mit Institutionen, Vereinen und Unternehmen, knüpft Netze zu anderen Bildungseinrichtungen und ist insgesamt in der Öffentlichkeit präsent. Das Engagement von Schülerinnen und Schülern an der Wettbewerb Jugend debattiert ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung.

Intern legt das EGN daher Wert auf Beratungs- und Entscheidungskompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Das Kollegium bringt ihnen ein hohes Maß an Vertrauen entgegen, überträgt ihnen die Gestaltung von Regeln für die Schulgemeinschaft und bezieht sie in Konfliktregelungen durch besondere Programme (“no blame approach“) verantwortlich ein. Beispielsweise konnten die Schülerinnen und Schüler eigene Ideen entwickeln und beschließen, wie sie die Pausen verbringen und wie sie die verabredeten Regeln garantieren wollen. Auch die Mitarbeitervertretung der Kolleginnen und Kollegen hat im EGN eine starke Stellung.

Mit den vielfältigen Kooperationen nach außen knüpft das EGN gezielt Netzwerke und bezieht dabei die Schülerinnen und Schüler konsequent ein:

In der Schulentwicklung sind im Anschluss an den Deutschen Schulpreis spezial 2020/21 neue Netzwerke in der Zusammenarbeit mit anderen Schulen, Universitäten, Hochschulen und der Robert-Bosch-Stiftung entstanden. Hierzu gehören u.a. Campus-, Netzwerk- und Preisträgertreffen und Begegnungen im Hospitationsprogramm wie auf Workshops und Seminaren im Rahmen des Schulentwicklungsprogramms.

Das EGN kooperiert durch das Speeddating mit den Klassenlehrkräften der Nordhorner Grundschulen. Dies geschieht einmal jährlich mit dem Ziel, den reibungslosen Übergang von der Grundschule zu den weiterführenden Schulen zu fördern und zu evaluieren.

Das EGN ist Mitglied des Kooperationsverbundes Begabtenförderung der Grund- und weiterführenden Schulen und richtet regelmäßig ansprechende Projekte für junge Schülerinnen und Schüler aus.

EGN und Gymnasium Nordhorn kooperieren in den Fächern Latein, Niederländisch und Spanisch in der Oberstufe, um den Schülerinnen und Schülern ein breites Wahlangebot in den Fremdsprachen zu ermöglichen.

Selbstverständlich beteiligt sich das EGN an der Gestaltung der Gedenkfeiern zum 9. November 1938 und arbeitet durch Projekte und personell eng mit der Jüdischen Geschichtswerkstatt und dem Forum Juden / Christen zusammen, ebenso mit den Nordhorner Kirchengemeinden.

Die Kooperation mit der Stadtbibliothek Nordhorn stellt einen wichtigen Baustein für die Leseförderung sowie die Recherchekompetenz dar, welche mithilfe von verschiedenen Modulen für unterschiedliche Jahrgänge implementiert sind.

Nicht zu unterschätzen sind die zahlreichen Vereinskooperationen im sportlichen Bereich als einem zentralen Bestandteil des Schullebens am und um das EGN. Eine zentrale Stellung nimmt dabei die Kooperation mit der HSG Nordhorn ein. Sowohl die Profispieler der 2.Bundesliga (HSG Nordhorn-Lingen GmbH) als auch hochqualifizierte Vereinstrainer aus dem Stammverein (HSG Nordhorn e.V.) trainieren die Schülerinnen und Schüler des EGN in zwei Handballprojekten für die Jahrgangsstufen 5/6 und 7/8. Neuerdings ist es den im Projekt als besonders talentiert auffallenden Schülerinnen und Schülern auch möglich, an einer zusätzlichen Leistungsförderung im Rahmen des HSG-Vereinstrainings teilzunehmen.

Als zweiten sportlichen Förderbaustein unterhält das EGN eine Kooperation mit dem größten Grafschafter Mehrspartensportverein SV Vorwärts Nordhorn. Auch in diesem Kooperationsvorhaben gibt es, wie auch beim Handball, ein Scouting zur sportartspezifischen Talentsichtung. Darüber hinaus unterhält das EGN zwei weitere sportliche Kooperationen mit Vereinen in den Bereichen Tischtennis und Football/Flagfootball, die vornehmlich der Sportartenerprobung dienen.

Den neuesten und dritten Förderbaustein stellt seit dem Schuljahr 2018/2019 das Sportmentorensystem zur Hochbegabtenförderung im Sport dar. Schülerinnen und Schüler, die entweder einen niedersächsischen oder nationalen Titel gewonnen haben oder Teil eines Landes- oder Bundesauswahlkaders sind oder an einem Sportartenstützpunkt trainieren, wählen sich eine Lehrerin oder einen Lehrer ihres Vertrauens, der die/den Athletin/en schulisch vertritt und betreut. Dies beinhaltet Absprachen mit den Erziehungsberechtigten und das Mitwirken der Schule, um die Vereinbarkeit von Sport und Unterricht sowie Haus- und Klassenarbeiten bzw. deren Nacharbeitung sicherzustellen.

In einem hohen Maße spielen Verknüpfungen mit Wirtschaft und Handwerk im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich und auf dem Gebiet der MINT-Fächer eine wichtige Rolle. Die Kooperationspartner der Wirtschaft reservieren beispielsweise Praktikumsplätze für Schülerinnen und Schüler des EGN, bieten Exkursionen und Werksführungen an, unterstützen bei Wettbewerben und ausgewiesene Fachexperten halten Vorträge zu forschungsaktuellen Themen. Kooperationen mit Schülerforschungslaboren und Forschungsinstituten an Universitäten sind bereits in viele Projekte, aber auch den Fachunterricht integriert.

Durch die Kooperation mit der Grafschafter Volksbank erhalten die Schülerinnen und Schüler Einblicke in wirtschaftliche Zusammenhänge, in einen sinnvollen Umgang mit Geld sowie in Fallstricke und Gefahren des Schuldenmachens. Das Management Information Game (MIG) findet regelmäßig in Kooperation mit der Grafschafter Volksbank und dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft teil.

Internationale Dimension des Lernens

Die internationalen Dimensionen des Lernens drücken sich in vielfältigen Bezügen im Fachunterricht, in fachübergreifenden Projekten sowie in internationalen Kooperationen aus.
Der Fachunterricht enthält internationale und spezifisch europäische Aspekte auf vielfältiger Ebene, nicht nur im Sprachunterricht, sondern ebenso in Naturwissenschaften und insbesondere in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. Bildung und Wissenschaft beruhen auf Errungenschaften europäischer und internationaler Zusammenarbeit. Die globale Perspektive des Lernens dient dazu, die eigene Lebenssituation in einer hochentwickelten Gesellschaft in Beziehung zu den aktuellen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Herausforderungen in der Einen Welt zu setzen, insbesondere in Fragen der nachhaltigen Entwicklung, des Klimaschutzes und der Förderung der Gerechtigkeit. Der europäische Gedanke von Pluralität, Partizipation und demokratischer Aushandlung von Entscheidungen ist Gegenstand des Unterrichts aller Fächer ebenso wie in der Gestaltung von Projekten mit Partnereinrichtungen innerhalb des Netzwerks des EGN mit schulischen und außerschulischen Partnern.

Das EGN verfolgt durch die Integration europäischer Themen in den Unterricht das Ziel, durch Austauschbegegnungen und durch Projekte vor allem im Rahmen von Erasmus+ die Begeisterung für die europäische Idee zu entwickeln und das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Erhaltung und Förderung der Menschenrechte und der internationalen Verständigung zu schärfen, die das Fundament des Zusammenlebens in der EU aus den Erfahrungen der Weltkriege bilden. Wir vermitteln Wissen über Institutionen, Verantwortlichkeiten und politische Zusammenhänge der EU, wir schaffen die Möglichkeit zum politischen Denken und Diskutieren, im Fachunterricht wie in Veranstaltungen wie der regelmäßigen Gestaltung des Europatags mit Abgeordneten des EU-Parlaments. Damit motivieren wir zur aktiven Teilhabe am politischen Prozess. Das Europa-Team der Schule entwickelt – in Anbindung an die Schwerpunkte der Schulentwicklung - die inhaltliche Ausrichtung und die institutionelle Vernetzung des Europaprofils und der internationalen Kooperationen im Rahmen von Erasmus+-Projekten.

Das EGN fördert die Aneignung der in Europa sehr verbreiteten Fremdsprachen Englisch, Französisch und Spanisch und leistet mit Niederländisch einen Beitrag zur Verständigung mit den Menschen in den unmittelbar angrenzenden Niederlanden. Fremdsprachenassistentinnen und -assistenten bereichern regelmäßig als native speaker den Sprachlernprozess durch ihre Authentizität. Zudem leisten sie einen wesentlichen Beitrag zum interkulturellen Lernen.

Im Bereich der Schulaustauschbegegnungen kooperieren wir derzeit mit dem Collège Fénelon in Dunkerque/Frankreich und mit dem Het Stedelijk Lyceum Kottenpark in Enschede/Niederlande sowie mit der Hugim High School in Haifa/Israel.

Im europäischen Rahmen von Erasmus+ strebt das EGN die Akkreditierung an und arbeitet in verschiedenen Projekten derzeit mit Schulen in Cholet sowie Trappes/Frankreich, Riga/Lettland und Sofia/Bulgarien zusammen. Weitere Kooperationen sind in Planung. Ein Projekt zur Fortbildung der Lehrkräfte im Bereich des Projektmanagements fundiert die europäische Zusammenarbeit, dient der Qualitätsentwicklung unter den Lehrkräften, sorgt für eine zusätzliche Verankerung europäischer Themen im Unterricht und ermöglicht schließlich die Vernetzung mit europäischen Schulen.

Individuelle Auslandsaufenthalte von mehreren Monaten oder einem Schuljahr, vor allem in Jahrgang 11, werden aktiv gefördert. Schülerinnen und Schüler erleben Familie und Schule aus einer anderen Perspektive und teilen ihre interkulturellen Erfahrungen nach dem Aufenthalt mit der Schulgemeinschaft. Insbesondere im Bereich Französisch unterstützen wir die Möglichkeit gegenseitiger Schulbesuche im Rahmen des Brigitte Sauzay-Programms, u. a. in Zusammenarbeit mit dem Lycée Sainte-Marie in Cholet. Die Schülerinnen und Schüler werden individuell beraten und – auch während ihres Auslandsaufenthaltes – betreut, so dass ein nahtloser Wiedereinstieg nach der Rückkehr erfolgt.

Die globale Perspektive des Zusammenlebens in der Einen Welt drückt sich in der Schulpartnerschaft mit der Secondary School in Kondoa/Tansania sowie in den darauf bezogenen Aktivitäten z. B. im Rahmen von Projekten aus.

 

 

[1] Vgl. Karl Barth: Christengemeinde und Bürgergemeinde, München 1946, 36.

[2] Hartmut von Hentig, Bildung, München/Wien 1996, S. 128 konzipiert deshalb die Schule als polis.

13) Vgl. Karl Barth: Christengemeinde und Bürgergemeinde, München 1946, 36.

14) Hartmut von Hentig, Bildung, München/Wien 1996, S. 128 konzipiert deshalb die Schule als polis.