Die Grenzgänger zu Besuch am EGN

Nachricht 10. Februar 2016
2016-02-11-Grenzgänger

„… und weil der MENSCH ein MENSCH ist …“ – unter diesem Brecht-Zitat als Titel waren die „Grenzgänger“ auf Einladung der Jugendarbeit der Stadt Nordhorn zu Gast in Nordhorn.

Die Grenzgänger“ – das ist eine in vielfacher Hinsicht ausgezeichnete Gruppe (bereits fünfmal mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik) um den Bremer Liedermacher und Liedersammler Michael Zachcial. Zusammen mit dem Akkordeonisten Felix Kroll, der Cellistin Annette Rettich und dem Gitarristen Frederic Drobnjak stellte er Songs aus der neuen CD-Produktion vor: morgens im Evangelischen Gymnasium, mittags im Gymnasium am Stadtring. Es waren Lieder vor dem Hintergrund der Nazi-Diktatur, Lieder aus Lager und Widerstand, die die Courage vieler Menschen in ihrem Kampf gegen das Hitler-Regimefeierten und von ihrem Leben in Lagern und Gefängnissen des „Dritten Reichs“ klagten.

Keine bequemen Konzerte waren es, für viele heutige Jugendliche eine eher fremde Tonsprache, gegen bestehende Hörgewohnheiten. Jedenfalls gab es kein genießendes Zuhören, man war mit Verstand und Gefühl gefordert. Das ganze Konzert – ein Aufschrei gegen Unterdrückung, Krieg, auch Warnung vor heutigen Tendenzen.

Dabei war die Veranstaltung nicht nur Liedervortrag mit instrumenteller Begleitung, sondern musikalisch allererste Sahne: die irren Soli der Konzertgitarre, die schnellen Läufe, aber auch wehmütigen Klänge auf dem Akkordeon, das kraftvoll-singende Spiel des Cellos und die manchmal schnoddrig-rauchige Stimme des Lead-Sängers mit seinen kräftigen Schlägen in die Gitarrensaiten. Wesentlich zur Eindrücklichkeit der Lieder trug auch eine gewissen Verfremdung bei, gerade bei sogenannten „bekannten“ Songs: Aufgrund ihres Studiums originaler Handschriften, etwa im Deutschen Volksliederarchiv Freiburg, war die Gruppe in der Lage, die ursprünglichen Fassungen von so eingeschliffenen Liedern wie „Die Moorsoldaten“ so darzubieten, dass die Botschaft deutlich rauer herüber kam als in eher glattgebürsteten Interpretationen mancher Folkgruppen. In anderen Arrangements wurde bewusst der Marschrhythmus ersetzt durch tänzerische, Gypsy- oder Swingrhythmen, wurden scheinbar harmlose Textpassagen mit schrillen, spröden, schmerzvollen Akkorden unterlegt.

Von „In Kerkermauern sitzen wir“, „Im Walde von Sachsenhausen“, „O bittere Zeit“, „Wir zahlen keine Miete mehr“ (sarkastisch: weil man in einer KZ-Zelle gefangen sitzt!) bis zum „Buchenwaldlied“ – die Lieder führten eindringlich hinein in die Gedanken und Gefühle der Verfolgten und Gefangenen: sie zeugten von ihrer Not, ihrer Wut, aber auch ihrem Widerstandswillen und ihrer Hoffnung auf eine bessere Zukunft: „Wir lassen den Mut uns nicht rauben! … Wir tragen den Willen zum Leben im Blut und im Herzen!“ (Buchenwaldlied) – Geschichtsstunden von beeindruckendster Art.

Am Nachmittag zeigten sich die „Grenzgänger“ von einer weiteren Seite ihres Könnens: Im Gemeindehaus am Markt sangen sie in einem Bonus-Konzert in gelöster Stimmung fröhlichere Lieder aus ihrer CD „Dunkel war’s, der Mond schien helle“ („Lütt Matten de Haas“, „Die Affen rasen durch den Wald“) – gerne wahrgenommene Einladung zum Mitsingen und Mitklatschen.

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Marvin Weigel
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